Anstatt zum Beispiel die Flex anzusetzen, geht das Auftrennen mit Wasserstrahlschneiden sehr viel sauberer und eleganter. Wie das Laserstrahlschmelzschneiden, das Brennschneiden und das Plasmaschmelzschneiden gehört das Wasserstrahlschneiden in die Gruppe der abtragenden Verfahren.
Wenn dem Wasser ein sogenanntes Abrasiv, das ist ein hartes, pulverförmiges Material, zugesetzt wird, spricht man von Abrasivschneiden. Auf jeden Fall erfordert das Trennverfahren eine Wasserstrahlschneidemaschine.
Für die etwas weicheren Werkstoffe wie Papier, Folie, Schaum- oder Kunststoff reicht das Reinwasserstrahlschneiden aus. Möchte man Glas, Keramik oder Stahl sauber zertrennen, kommt das Abrasivschneiden zum Einsatz. Verbundwerkstoffe erweisen sich oft als Herausforderung, wenn diese sauber geschnitten werden sollen. Gerade in diesen Fällen erweist sich der umweltfreundliche Wasserstrahl als alternativlos.
Physikalische Grundlagen
Die oben genannten konkurrierenden Verfahren arbeiten sehr leistungsintensiv mit thermischer Energie. Das Wasserstrahlschneiden setzt dagegen auf extrem hohen punktuellen Druck. Der Wasserstrahl trennt dabei oberflächennahe, mikroskopisch kleine Partikel aus dem Werkstück heraus. Hitzedehnungen werden dadurch nicht erzeugt.
Je tiefer der Schneidstrahl in den Werkstoff eindringt, desto mehr Energie geht ihm wegen der Reibung im Bereich der Schnittfugen verloren. Aus diesem Grunde nimmt die Qualität der Schnittfuge kontinuierlich mit der Tiefe ab. Konkret bedeutet dies, dass ihre Rauigkeit zunimmt. Ähnlich wie beim Brennschneiden entsteht so eine Art Riefenstruktur, die man in Fachkreisen als „Rillennachlauf“ bezeichnet.
Entscheidend ist die Geschwindigkeit
Was so ein Wasserstrahl zu leisten vermag, hängt in erster Linie von der Geschwindigkeit ab, mit der er aus der Düse herausschiesst. Natürlich steht die Strahlleistung in linearem Zusammenhang mit der Dichte der Flüssigkeit und der Querschnittsfläche der Düse, aber die Geschwindigkeit geht gleich in dritter Potenz ein. Diese wiederum wird im Wesentlichen durch den Druck bestimmt, mit dem das Wasser durch die Düse gepresst wird.
Man beachte dabei, dass Wasser in gewissem Rahmen sehr wohl kompressibel ist. Bei 4000 bar verliert es gut 13 Prozent seines Volumens.
Technische Umsetzung
Bei industriellen Anwendungen werden Drücke von 1000 bis 4000 bar auf den Wasserstrahl gegeben und auf diese Weise Geschwindigkeiten von circa 900 m/s erzeugt. Das ist fast dreifache Schallgeschwindigkeit. Der Schnitt wird hauptsächlich gesteuert durch die Verfahrensparameter:
- Pumpendruck
- Düsenabstand
- Düsendurchmesser
- Vorschubgeschwindigkeit
Diese Grössen bestimmen an der Wirkstelle gemeinsam den Energieeintrag, der seinerseits für die Oberflächengüte verantwortlich ist. Wenn dem Wasser Abrasivmittel zugegeben werden, ergeben sich daraus weitere „Stellschrauben“:
- Die Art des Feststoffzusatzes beziehungsweise seine Härte
- Dessen Kornverteilung
- Der Massenstrom
- Fokusdurchmesser und Fokuslänge
Grundsätzlich gilt, dass Feststoffe zu breiteren Fugen führen und zugleich das Trennvermögen deutlich erhöhen. Um überhaupt Materialabtrag zu generieren, ist mindestens ein Strahldruck von 600 bar erforderlich, das entspricht immerhin einer Wassertiefe von ungefähr 6.000 Metern. Steigert man den Druck weiter, nimmt die Schnitttiefe linear zu. Die maximal zum Einsatz kommenden Schneiddrücke liegen bei 6.200 bar.
Eine Maschine zum Wasserstrahlschneiden besteht im Wesentlichen aus diesen drei Komponenten:
- Zunächst wird das Wasser aufbereitet, um den Verschleiss der Bauteile zu minimieren. Dies betrifft mindestens eine Filterung und die Entsalzung.
- Leistungsstarke Pumpen zur Erzeugung des hohen Wasserdrucks.
- Der Strahlgenerator ist mit einer robusten Düse versehen, deren Durchmesser sich zwischen 0,1 und 0,5 mm bewegt.
Anwendungsbeispiele
Neben dem Schneiden kommt das Verfahren auch zum Säubern von Oberflächen, zum Entgraten oder zum Gussputzen zur Anwendung. Wasserstrahlschneiden ist immer dann eine gute Option, wenn der Werkstoff sehr temperaturempfindlich ist. Da der Schnitt an beliebiger Stelle beginnen kann, können zum Beispiel die Randbereiche von Folien oder Blechen völlig unversehrt bleiben.
Stark spiegelnde Werkstoffe lassen sich kaum mit einem Laser bearbeiten, sehr wohl aber mit dem Wasserstrahl. Besonders gut bewährt hat sich dieses Schneidverfahren bei glasfaser- oder kohleverstärkten Kunststoffen. Die Entwicklung giftiger Dämpfe ist dabei praktisch ausgeschlossen.
Es gibt aber auch einen Nachteil, der nicht unerwähnt bleiben darf: Es ergeben sich immer etwas schräge Schnittkanten, die Form- und Lagetoleranzen gegebenenfalls negativ beeinflussen können.